Die moderne Wertanalyse
Die moderne Wertanalyse ist nicht nur durch die steuernde Funktion bei Neuentwicklungen oder die Erweiterung der Wertanalyse -Objekte auf Software, Dienstleistungen und Prozesse gekennzeichnet. Außerdem ist es die verstärkte Einbeziehung von Markt und Kunde, die den Unterschied zur klassischen Wertanalyse ausmacht und den Entwickler näher zum Marketing rücken lässt. Auch zur Betriebswirtschaft und zum Controlling rückt der Entwickler durch die Optimierung betriebsinterner Steuerungsvorgänge und logistischer Abläufe.
Nach einer grundlegenden Darstellung dieser Zusammenhänge, welche auch häufig in Schlungen dargestellt wird, soll zusätzlich beschrieben werden, an welchen Stellen TRIZ unterstützend verwendet werden kann.
Grundlagen
Die aktuelle Richtlinie VDI 2800 definiert Wertanalyse als „Organisierter und kreativer Ansatz, der einen funktionsorientierten und wirtschaftlichen Gestaltungsprozess mit dem Ziel der Wertsteigerung eines Wertanalyse-Objektes zur Anwendung bringt“. In der DIN EN 1325-1 wird weiter auf den organisierten und kreativen Charakter der Wertanalyse eingegangen, mit dem komplexe Aufgaben gelöst werden können. So kann in einem funktionsorientierten und wirtschaftlichen Gestaltungsprozess gezielt der Wert eines sog. Wertanalyse-Objektes gesteigert werden. Es hat sich folglich eine Entwicklung weg von dem Ziel der alleinigen Herstellkostensenkung von Produkten hin zu einer Fokussierung auf die Steigerung des Unternehmenswertes vollzogen. Dabei liegt die Gewichtung nicht mehr nur auf der Betrachtung von Produkten als Wertanalyse-Objekte, wie Miles dies in der ursprünglichen Fassung der Wertanalyse noch darstellte. Gegenwärtig werden zusätzlich Dienstleistungen, Produktionsmittel und -verfahren, Organisations- und Verwaltungsabläufe sowie Informationsinhalte und -prozesse betrachtet.
Wertanalyse ist folglich eine ganzheitliche Betrachtungsweise mit der die Interessen und die Restriktionen von allen betroffenen Bereichen und des Umfeldes einbezogen werden. Die Stärken der Wertanalyse kommen insbesondere dann zur Geltung, wenn die zu behandelnden Probleme interdisziplinär und vernetzt sind.
Bild 2 - Systemelemente der Wertanalyse
Generell wird die Wertanalyse durch die drei Säulen im Bild 2 getragen. Für eine systematische und korrekte Durchführung der Wertanalyse in einem Unternehmen spielt das unternehmerische Umfeld und die Einhaltung einiger Regeln eine entscheidende Rolle.
Hauptbestandteil der erste Säule „Methodik“ ist die korrekte und effiziente Umsetzung des Wertanalyse-Arbeitsplans. Dieser ermöglicht ein systematisches, organisiertes und partizipatives Vorgehen. Auf die genaue Vorgehensweise und den Inhalt des Arbeitsplans wird im weiteren Verlauf eingegangen. Die Grundregeln dieser Säule beinhalten, dass
• interdisziplinäre Teams eingesetzt werden,
• die markt- bzw. kundenorientierten Grobziele präzise formuliert werden,
• die objektbezogenen Funktionen zielgerichtet ermittelt werden,
• die Lösungssuche funktionsorientiert gestaltet wird,
• die schöpferische und bewertende Phase strikt getrennt werden,
• die Lösungsvorschläge ganzheitlich bewertet werden und
• die ausgewählte Lösung als ein im Wert gesteigertes Produkt oder Prozess angesehen wird.
Die zweite Säule „Verhaltensweisen“ beinhaltet die Regeln für das menschliche Verhalten während des Wertanalyse-Projektes, da es entscheidend den Erfolg der Methodik beeinflusst. Die beteiligten Personen sollten
• Probleme realisieren, beschreiben und darstellen können,
• sich kooperativ verhalten,
• Informationen aufnehmen und abgeben,
• Ungewohntes akzeptieren und
• Bisheriges ständig in Frage stellen.
Außerdem sollten die Personen persönliche Eigenschaften so ändern oder koordinieren können, dass dies der erfolgreichen Teamarbeit zugutekommt. Egoismus und ständige Kritik dienen nicht dem Wohle eines Teams.
Die dritte Säule „Management“ beinhaltet
• die Einführung der Wertanalyse,
• die Sicherstellung der wertanalytischen Weiterbildung sowie
• die Auswahl der Wertanalyse-Objekte.
Generell ist allerdings anzumerken, dass die Anwendung der Wertanalyse nicht garantiert zu Erfolgen führt. Wichtig ist aber, dass die jeweiligen Fähigkeiten und das Wissen der beteiligten Personen mithilfe der Wertanalyse in die richtige Richtung gelenkt werden kann. Aus diesem Grund stellt die kontinuierliche Schulung und Weiterbildung aller Mitarbeiter eine entscheidende Tatsache für die Wertanalyse in Unternehmen dar. Mit einer wertorientierten Unternehmensorganisation, fachlichem Wissen, methodischen Kenntnissen in Bezug auf die Wertanalyse-Durchführung und Erfahrungen in Bezug auf Analyse, Methoden, Verhaltensweisen kann die Wertanalyse erfolgreich durchgeführt werden.
Der Arbeitsplan der Wertanalyse ist eines der entscheidenden organisatorischen Elemente der Wertanalyse. Bis ins Jahr 2006 war der 6-stufige Arbeitsplan in der Richtlinie VDI 2800 (2000) festgelegt und in Deutschland stark verbreitet. Im Jahr 2006 wurde dieser auf zehn Stufen erweitert und ist gegenwärtig als Arbeitsplan VDI 2800 (2010) bekannt. Der „neue“ Arbeitsplan zeichnet sich durch eine strategischere Ausrichtung, eine genauere, ausführlichere und detailliertere Beschreibung und durch Einsatzmöglichkeiten in einem erweiterten Objektfeld aus. Zudem fällt eine marktorientiertere Sichtweise im Gegensatz zum älteren Arbeitsplan auf. Im Bild 3 ist der Arbeitsplan VDI 2800 (2010) abgebildet.
Bild 3 - Wertanalyse-Arbeitsplan nach VDI 2800 (2010)
Die Phasen „Projekt vorbereiten – Machbarkeit untersuchen“, „Projekt definieren“, „Projekt vorbereiten – Projektarbeit freigeben“ und „Umfassende Daten über das Produkt sammeln“ stellen allgemeine Tätigkeiten im Projektmanagement dar. Die vierte Phase „Funktionen, Kosten, Detailziele festlegen“ kann in die Bereiche „IST-Situation beschreiben“ und „SOLL-Situation definieren“ eingeteilt werden. Generell dient diese Phase der Detaillierung und Konkretisierung des Wertanalyse-Projektes. Hier kommt als wesentliches Element die Funktionenanalyse zum Einsatz. Mit der Funktionenanalyse soll in einem ersten Schritt das Wertanalyse-Objekt genau analysiert und eine gemeinsame Sichtweise im Team erstellt werden. Weitere Instrumente innerhalb dieses Bereichs sind der Funktionenbaum und die Funktionenkostenanalyse.
Mit der Definition der SOLL-Situation des Objektes im zweiten Schritt wird festgelegt, mit welchem Ziel und an welchen Elementen entwickelt, verbessert oder optimiert werden soll. In der Phase „Lösungsideen sammeln und entwickeln“ werden kreative Techniken angewendet. Mit der Phase 6 „Lösungsideen bewerten“ erfolgt der bewertende Vergleich der Ideen. In den letzten drei Phasen „Ganzheitliche Vorschläge entwickeln – Lösung auswählen“, „Lösung präsentieren – Entscheidung herbeiführen“ und „Lösungen realisieren – Ergebnis dokumentieren“ werden die Ideen weiterentwickelt, präsentiert und umgesetzt. Es ist wichtig, dass die Verantwortung der beteiligten Personen erst bei der Realisierung der Lösung endet. Es ist durchaus erlaubt und erwünscht, dass in dem Wertanalyse-Projekt Iterationsschleifen zwischen den einzelnen Phasen durchlaufen werden.
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